Schau doch mal..

Mittwoch, 26. August 2015

Atempause

Meine geliebte Kamera ist kaputt. Wochen des Wartens, ob es irreparabel ist oder nicht. Jetzt erst merke ich, wie viel mir Fotografieren bedeutet.

Dienstag, 25. August 2015

Sie sitzen unten am Fluss, da wo die anderen nie hingehen

Sie halten sich so fest. Hand in Hand durch ein ganzes Land hindurchgerannt. Sie sehen ein Wunder und dann tanzen sie vermummt hinein in den Mond, pflanzen ein paar Pflanzen im Nirgendwo, ziehn dort ein wo keiner mehr wohnt. Sie geben heute keinen Fick und machen sich um morgen Sorgen. Jeder sein eigener Flick, sein eigener Reisser, es ist vorbei bei, unverblümt, unvertont. Die Melodien der Ironie im Unterton. Sie bauen Baumhäuser in die Stadt und Zeitmaschinen aus Müll, den Rest machen sie dann irgendwann, hören nur auf ein Gefühl. 






Dienstag, 4. August 2015

Keine Abrechnung






Ich weiß noch nicht, ob du diesen Text irgendwann lesen wirst. Ich will in keinem Fall eine Antwort darauf haben, weil es ein Abschluss ist und dieser Teil nicht mehr zu meiner Gegenwart gehört.
Das hier soll keine Abrechnung sein und auch kein Schuldvorwurf und keine Bitte um einen weiteren Anlauf. Es ist der Versuch, mit einer achtmonatigen Distanz eine Bilanz zu ziehen.

Ich habe dich wirklich und aufrichtig geliebt. Ich hätte so ziemlich alles für dich getan, um dich glücklich zu machen und habe dabei oft genug mich selbst aufgegeben. Ich weiß, das war kein Teil einer Lösung der sich am Ende anhäufenden Probleme, es war Teil ebendieser.
So wie du mich geprägt hast, hat es kaum ein anderer Mensch je fertiggebracht. Auch heute noch merke ich den Einfluss, den du jahrelang auf mich hattest - und das meine ich im positiven Sinne. Sei es mein Musikgeschmack, die Veränderungen, denen mein Zeichenstil unterworfen war, die Art, an bestimmte Dinge heranzugehen, das Verhältnis meiner verschiedenen Charakterzüge zueinander, meine Leidenschaft für Vinyl und laue Sommerabende oder meine gelegentliche gesellige Tüte mit Freund*innen.
Die Zeit mit dir war nicht immer leicht, aber sie hat mich reifen lassen und mich zu der Person gemacht, die ich heute bin.
Ich bin dankbar darum, dich kennengelernt haben zu dürfen und darum, dass wir auch in schwierigen Situationen gemeinsame Strategien fanden, um Probleme zu lösen.
Ich danke dir für die Zuneigung, die vielen glücklichen Momente, deine Art, mich zum Lachen zu bringen und an meiner Seite zu stehen, komme was wolle. Du hast mich unglaublich bereichert.
Nun, acht Monate nach dem Ende unserer nicht immer einfachen Beziehung, sehe ich viele Dinge rationaler, weniger angriffslustig und verletzt.
Lange Zeit tat mir die Beziehung unendlich gut, sie gab mir Halt und Sicherheit und einen geschützten Raum, in dem ich ich selbst sein konnte.
Irgendwann wendete sich dieses Blatt, aber bemerkt habe ich das erst sehr viel später.
Ich weiß nicht, ob dir heute klar ist, wie sehr wir beide uns am Ende gegenseitig geschadet und einander zugrunde gerichtet haben. Das ist kein Angriff, es sind nur die längst überfälligen klaren Worte, die ich nie gefunden habe, als ich noch die rosarote Brille trug.
Wir entwickelten uns auseinander, natürlich. Wie auch nicht, ich hatte gerade meinen Vater verloren, mit 18 Jahren meinen ersten Mietvertrag unterschrieben und eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen, du lebtest noch bei deinen Eltern. Zwei Menschen, bei denen sich das Leben irgendwann in unterschiedlichem Tempo weiterentwickelte.
Doch ich konnte, wollte dich nicht loslassen und konnte gleichzeitig nicht klar formulieren, was ich mir wünschte und was ich brauchte. Unterbewusst merkte ich, dass Monogamie mich niemals glücklich machen könnte und dass du mich davon abhieltst, mich zu entfalten, weil du Angst hattest, mich dadurch zu verlieren.
Aber auch ich wollte dich nicht verlieren, mich nicht verändern, nicht vom sicheren Hafen ablegen, den wir uns geschaffen hatten. Und so blieb ich, nicht mehr ganz bei der Sache und doch noch zu verbunden, um mich lösen zu können. Die wenigen Versuche meinerseits, mich zu lösen, quittiertest du mit einem noch engeren Griff. Wenn ich einen Fallschirm gehabt hätte, der mich bei einem Sprung ins Unbekannte geschützt hätte, so hieltst du mich mit einem Seil eng vertäut bei dir, um den Sprung zu verhindern. Ich ergab mich. Ich wusste es nicht besser, mir wurde erzählt, wie ich mich in einer Beziehung zu verhalten hätte und ich hatte starke Gefühle für dich.
Ich blieb, weil ich dich liebte und dich nicht verlieren wollte. Darüber verlor ich mich selbst.

Aber da warst nicht nur du, der mir Halt bot. Auch deine Familie stützte mich und gab mir das erste Mal seit der frühen Kindheit das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit und Fürsorge, ohne dass ich dafür etwas geben musste.
Indem ich ging, um mich wiederzufinden, musste ich einen großen Teil von mir abstoßen, der irgendwie noch immer zu mir gehörte und doch nicht mehr.
Es sind die kleinen Dinge, die mich immer wieder an unsere Zeit erinnern und daran, wie viele schöne Momente ich mit dir teilen durfte. Ich bereue es nicht und hätte mich darüber gefreut, dich auch weiterhin als Teil meines Lebens, wenngleich nicht in Form einer Liebesbeziehung, betrachten zu dürfen.
Doch in dem Versuch, mir beizustehen, verwechseltest du irgendwann deine Wünsche mit meinen. Hieltst für richtig, was du für richtig hieltst und gingst davon aus, dass ich das gleiche dächte. Aber schon seit Längerem befand ich mich an einem ganz anderen Lebensabschnitt als du, hatte andere Ziele und andere Pläne und du hattest Angst, mich zu verlieren. So begannst du, deine Wahrnehmung auf mich zu verändern und mich als das hilfsbedürftige Wesen zu sehen, das ich schon lange nicht mehr war. Anstatt mit mir zu kommunizieren, kommuniziertest du über und für mich. Anstatt mit mir zu reden, begannst du, mit einem Wunschbild von mir zu sprechen, dem ich aber nicht entsprechen konnte und wollte.
Dinge, die dein Bild von mir als hilfloses kleines Etwas bestätigten, nahmst du dankend an. Dinge, die mich als das definierten, was ich war, eine selbstsichere Frau, die sich kleidet, wie sie es möchte, die zu dem steht, was sie will, fingst du an, mir auszureden und auszublenden. Du versuchtest, mich kleinzuhalten, damit ich weiter auf deinen „Schutz“ angewiesen wäre. Aber schon lange war es kein Schutz mehr, sondern Eigennutz.
Auch die Enge deines familiären Umfeldes wurde mir zu viel, es wurde bedrohlich, du plantest eine gemeinsame Familie, doch für mich klang das nach einem Gefängnis. Ich wollte nicht über Kinder oder eine Familie reden, wo ich gerade begriffen hatte, dass nicht Monogamie, sondern Polyamorie für mich die richtige Lebensweise war. Doch aus deinem Blickwinkel war das falsch, widernatürlich, niedere Beweggründe, ich wollte eine kostbare Beziehung gegen unbedeutende Ficks tauschen. Aber so war es nicht. Zwei Jahre lang hatte ich erst unbewusst, dann bewusst, versucht, meine Sexualität zu unterdrücken und umzubiegen und mich an dich angepasst. So, als würdest du von heute auf morgen jede Woche genötigt, wechselnde Geschlechtspartner*innen zu haben. Monogamie ist nichts „Natürliches“, es ist lediglich die Norm. Aber es war deine Norm und von der durfte ich nicht abweichen, denn das würde uns beide und unsere Beziehung bedrohen. Eifersüchtig wachtest du über mich, deinen kostbaren Besitz, ohne zu begreifen, dass Treue und Polygamie nicht äquivalent und ich kein Gegenstand war, den du nach deinen Wünschen formen konntest. Ich musste aus diesem Konstrukt hinaus, weil es nicht mehr zu mir passte, weil es mich zurückhielt, weil auch du mich nicht mehr weiter so bereichert hast, sondern begannst, mich festzuhalten und einzuengen.

Aber du warst mir als Mensch wichtig und ich war im Geist so weit, dass ich dachte, die wichtigen Menschen blieben mir erhalten. So setzte ich keine Grenzen, als du übergriffig wurdest und eigensinnig versuchtest, mich notfalls mit psychischer Gewalt bei dir zu behalten. Die Bindung riss nicht ab, wir blieben einander verbunden und konnten uns nicht voneinander lösen. Wir versuchten es erneut, es scheiterte. Ein paar Monate verstrichen, dann ein erneuter Versuch. Zu eng war die Verbindung, zu lang unser gemeinsamer Weg gewesen.

Doch eine gemeinsame Vergangenheit reicht nicht aus, wenn die Gegenwart eines jeden schon grundverschieden ist. Vergangenheit alleine kann keine Beziehung kitten, wenn die Gegenwart wegbricht.
Dass der Tod meines Vaters Spuren hinterlassen würde, war abzusehen. Doch dass du daraus den Schluss ziehen würdest, ich sei keine autonome Person mehr, könne nicht mehr selbstständig handeln und denken, kam für mich mehr als überraschend. Warst du nicht immer selbstlos für mich da gewesen?
Dass die Selbstlosigkeit nur die eine Seite der Medaille war und Eigennutz die andere, wurde mir erst viel später klar.
Es wurde mir klar, als ich versuchte, dir meine Welt näherzubringen und du abblocktest, als ich mich auf deine mir fremdgewordene Welt einließ und du mir nicht entgegenkamst. Als ich begriff, dass dich mein Leben nicht interessierte, weil alles, was ich ohne dich tat, unsere kostbare Zweisamkeit bedrohte.
Doch noch konnte ich den Schritt nicht gehen. Wir versuchten, das nachzuholen,was wir in zweieinhalb Jahren versäumt hatten, aber wenn du nicht mehr glücklich bist, bringt es nichts, sich Glück vorzuspielen. Es waren ein paar wenige kostbare Wochen, bevor uns die Unterschiede erneut einholten. Auch die Übergriffe nahmen zu, du warst sauer, wenn ich keinen Sex wollte und warst sauer, wenn ich dir nicht zuhörte, aber selbst hattest du das Interesse in meine Person schon längst verloren. Irgendwann lief für mich das Fass über, ich musste mich befreien, da ich drohte, in diesem Konstrukt einer monogamen Beziehung auf Lebenszeit zu versinken, Was für dich Freiheit war, bedeutete für mich Gefangenschaft.
Und so zog ich den Schlussstrich, wollte es sauber über die Bühne bringen, doch du warfst mir Dinge an den Kopf, Worte, die mir das Gefühl gaben, sie hätten die Macht, alle schönen Dinge der vergangenen drei Jahre zu zerstören.
Ich durchlebte eine Woche des Leids, der Tränen, mit Freund*innen, Schokolade und Trunkenheit, sang aus tiefstem Herzen zu Wish you Were Here und wanderte bei Mond und Neben weinend durch die Straßen. Auch wenn es vermutlich nicht deine Absicht war, hat doch deine Reaktion auf die Trennung dafür gesorgt, dass ich schneller beginnen konnte, zu verarbeiten.
Deine Mails, dein Klammern, dein Versuch, mir zu erzählen, dass ich nicht Herrin meiner Emotionen sei. Du gingst davon aus, mich besser zu kennen als ich mich selbst, dabei kanntest du nur die Dinge von mir, die du kennen wolltest. Bedrängtest mich, versuchtest meine Freund*innen für die Nachrichtenübermittlung einzusetzen, obwohl ich dich gebeten hatte, mir nach den Angriffen Zeit zu geben. Vielleicht hätten wir in Kontakt bleiben können, hättest du nicht in dieser Zeit wieder und wieder, Mal um mal meine Grenzen überschritten und massiv dafür gesorgt, dass ich begann, die Zeit mit dir zu bereuen. Ich verstand nicht, wie ich diesen Menschen hatte lieben können, was aus dem wunderbaren Mensch geworden war, der mir zugehört hatte und wann und warum er so übergriffig geworden war.
Und um mich selbst zu schützen, griff ich zu dem Mittel, das mir blieb: Ich schloss dich mit aller Macht aus meinem Leben aus, nahm dir jede Möglichkeit des Kontakts zu mir. Es war nicht leicht, es tat weh. Ich wollte dich nicht ausschließen, aber ich hatte keine andere Möglichkeit.

Erst aus der Distanz merke ich, wie wichtig es für mich war, diesen Schritt zu gehen. Lange waren wir einander wichtig, haben einander viel gegeben und einander geprägt. Doch alles Schöne ist vergänglich und so war es auch diese Beziehung. Zu viele Unterschiede, zu viele Ansichten.
Nun blicke ich darauf zurück und möchte nicht länger wütend sein oder hassen, weil es das nicht wert ist. Es ist ein Kapitel in meinem Leben, mit dem ich immer weiter abschließe und zu dessen Abschluss auch dieser Text beiträgt. Manche Menschen muss man irgendwann gehen lassen und so war es mit dir. Ich habe dich von mir gestoßen, um uns beide zu befreien.